„Das Ding Hamwa!“ – Die WM in der Perlenwelt

Ja, wir sind Fussball-Verrückt. Seit…ja schon immer. Bundesliga, Champions-League, DFB-Pokal – geht IMMER. Ja, ich gehe auch auf Fussballspiele von befreundeten Amateurspielern und ihren Teams. Ich mag die Fussball-Kultur, die kollektive Begeisterung, sei es von 20 oder 200,000 Menschen. Ich mag dabei 1-5 Bier trinken und über die Blindheit des Schiris schimpfen. Und da ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Fussball-Weltmeisterschaft eine ganz besondere Zeit im Hause Perle ist. Mit einem etwas bitteren Beigeschmack zwar, da diese Veranstaltung immer politischer wird und auch die Transparenz der Verantwortlichen sehr zu wünschen übrig lässt. Aber nein, ich war fest entschlossen, dieses Ereignis hier, in meinem kleinen Kosmos, zu feiern*.

Im Vorfeld bekam die Perle ein Oranje Trikot von mir, ein Deutschland Trikot vom Papa und ein Portugal Trikot vom Patenonkel. Damit war sie besser ausgerüstet als ich, aber ich tobte mich ein wenig an unserem Auto aus und fuhr 3 1/2 Wochen (bis sie kaputt gingen) eine Deutschland- und eine Oranje-Flagge spazieren. Die ersten Vorrunden-Spiele sah ich noch etwas ungläubig. Ein Eigentor von Brasilien als erstes Turnier-Tor, eine Deklassierung des Weltmeisters Spanien durch die Niederlande…mir wurde mit jedem weiteren Spieltag bewusster, dass dies eine ganz besondere und ziemlich verrückte WM werden würde.

Mit den Oranjes gegen Mexiko fiebern.

Mit den Oranjes gegen Mexiko fiebern.

Mit der Zeit bekam die Perle immer mehr Fussball-Ausdrücke beigebracht. Ich zeigte ihr wie man „Olé Olé“ singt und der Lieblingskollege machte sie mit „Schland!!“ vertraut. Beim Portugalspiel lernte sie „TOOR!“ zu rufen und als Spanien rausflog sang der Perlenpapa am Telefon „Ihr könnt nach Hause fahr’n“, was sie sofort nachsang. Ich setzte dann noch einen drauf und brachte ihr „Schiri, wir wissen wo dein Auto steht“ bei und zeigte ihr wie man bei einer Ecke die Welle macht. Es ist einfach so putzig, wenn sie loslegt, unser kleiner Hooligan.

Im Portugal Trikot und Deutschland-Flagge beim Ger-Por Spiel.

Im Portugal trikot und Deutschland-Flagge beim Ger-Por Spiel.

Dazu trug auch bei, dass wir ja für zwei, fast drei (aber nur fast!!) Mannschaften hingebungsvoll jubeln konnten. Das erste Oranje-Spiel sahen wir noch beim Kollegen in Deutschland, danach aber versuchten wir die Elftaal-Spiele auch wirklich in Holland zu gucken, ist ja bei uns nicht ganz so abwegig. Dafür kam sogar der Perlenpapa mal nach Maastricht gereist und guckte sich das orangene Treiben an. Mit Frikandel und Pommes und ’nem Sneeuwwittje in der Sonne. Ja, so kann man WM machen. Das Viertel-Finalspiel guckte ich dann auch noch mit der ersten-Perlenfreundin in einem niederländischen Café…es war unglaublich spannend und der Jubel am Ende des 11-Meter-Schiessens hat sich in mein Herz gebrannt. Leider war es aber auch der letzte Oranje-Jubel in diesem Turnier. Ich hätte mir wirklich ein deutsch-niederländisches Finale gewünscht…aber ein (niederländischer) Freund meinte: „Das hätte nur zu einer weiteren Generation von-Deutschen-traumatisierter Niederländer geführt…“. Nee, also war vielleicht ganz gut so.

Geschmückte Maastrichter Strassen

Geschmückte Maastrichter Strassen

Logistisch gesehen war diese WM aber manchmal eine kleine Herausforderung. Für Spiele ohne deutsche oder holländische Beteiligung reichte mir auch das Couch-Gucken und gleichzeitige twitter-fachsimpeln. Aber die anderen Spiel wollte ich schon in Gemeinschaft gucken, ist das doch einer der Reize, den Fussball für mich hat. Aber findet mal einen Babysitter, der Fussball hasst. Das gelang mir nicht bis zum Finale. Aber mehr dazu später. Zu den 18:00 Spielen nahm ich die Perle gern mit. Zwar nicht auf die Fanmeilen des Landes, aber zum Grillen zu Kollegen oder eben auf den Vorplatz eines Cafés. Das ging ganz gut. Die 22:00 Spiel machten mir da aber einen Strich durch die Rechnung. Das Achtelfinale guckte ich tatsächlich alleine auf der Couch (okay, mit meiner sehr unterstützenden twitter-timeline) und während des Viertel-Final-Spiels gegen Frankreich musste ich sogar arbeiten (aber da ich der Veranstalter des Events war konnte ich im Vorfeld für Public-Viewing Möglichkeiten sorgen).

Achtelfinale

Unser Rudelgucken beim Achtelfinale

Kurz vor dem Halbfinale wurde die Perle leider krank und der Perlenpapa bot an, sie für eine Nacht und einen Tag zu pflegen, damit ich arbeiten gehen konnte. Das brachte mich zum Spieltag in meine Heimatstadt. Hier guckte ich das Spiel in üblicher Runde seit 2006, in einer Garage eines Nachbarn. Es war lustig und ich war so froh dieses 1:7 Spektakel nicht alleine gucken zu müssen…hätte wohl gedacht dass ich nun endgültig übergeschnappt sei. Und zum grossen Finale verschlug es mich dann wieder in die Heimat. ich wusste noch nicht genau wie ich es anstellen wollte, dachte kurzzeitig daran, dass die Perle einfach wachbleiben könnte…da unterhielt ich mich am nachmittag des Spieltages mit der Freundin meines Bruders, die mir beichtete mit Fussball so gar nix anfangen zu können und nicht wisse, ob sie abends mitgucken wollte. WAAAH! Als ich sie frug, ob sie dann nicht auf die Perle aufpassen könne sagte sie zu und ich war absolut selig.

Was es für ein Fest war muss ich wohl nicht beschreiben, oder? Es wurde gezittert, gejubelt, sich in den Armen gelegen. Ich fuhr mit meinem Bruder und seinen Freunden nach dem Spiel sogar noch in den Stadtkern um mir dieses Fest anzuschauen. Es war echt irre. Kollektives Ausrasten und grenzenlose Euphorie. Mein Handy stand nicht still mit Glückwünschen meiner niederländischen Freunde und Kollegen und sogar meine amerikanische Gastmutter schicke eine SMS mit „WOW, what a game, you guys deserve it!“.

Was ein Fest!

Was ein Fest!

Am nächsten Tag war ich natürlich gerädert aber die Euphoriewelle helf mir über den Tag wie 14 starke Kaffees. Twitter war über Nacht explodiert, immer und immer wieder wurden die Bilder vom Vorabend gezeigt und so langsam aber sicher sackte die Info ins Bewusstsein. Weltmeister. Geile Sache. Der Dienstag stand dann voll im Zeichen der Heimkehr. Berlin platzte aus allen Nähten und ich versuchte nur irgendwie per live-stream etwas von der Feier auf der Fanmeile mitzubekommen, nebst einem riesen Haufen Arbeit. Klar gab es auch wieder negative Stimmen. Der böse Gaucho-Song, die Selbstinzenierung, die überschwängliche Euphorie und nicht zuletzt der Auftritt von Schlagerperle Helene Fischer. Aber naja, sowas gibt es ja wohl immer (meine niederländischen Freunde haben sich kaputt gelacht als ich ihnen vom Gaucho-Gate-Skandal erzählte…DAS sei nun wirklich typisch deutsch).

Fan-Freundschaften: Können wir.

Fan-Freundschaften: Können wir.

Das war also die WM. Sie war toll. Kein warmes und schnuckeliges Sommermärchen aber eine feurige Samba-Party. Mit Überraschungen und Skandalen, mit vielen kritischen Stimmen, mit tollen Memes (einen Rückblick in Memes gibt es hier zu lesen) und einem all-abendlichen Twitterfest. Und nun? Das bleibt abzuwarten. Die Euphorie wird abebben, die Leute in den Urlaub fahren. Und dann ist bald schon wieder Bundesliga-Saison. Alles geht weiter. Mit und auch ohne „Ding“. Aber „mit“ bedeutet, dass wir ein paar tolle Erinnerungen haben. An das Samba-Märchen 2014.

Und hier noch für alle Mit-Freuer und vielleicht auch schon 11-Freunde-Fans: Die Jungs haben einen WM-Rückblick zusammengestellt mit Tickern, Memes, Videos und allem drum und dran. Der Wahnsinn, super lustig, interessant und mit Gänsehautentzündungs-Garantie! Schaut mal hier!

*Anmerkung des Autors: Ja, ich weiss was alles in der Welt passiert und nein, ich würde mich nicht als einen blau-äugigen und unkritischen Menschen sehen. Dies ist ein Blogeintrag über die WM und wie wir sie hier erlebten. Das geht auch ohne zu glauben, dass auf der ganzen Welt nun Friede-Freude-Eierkuchen herrschen würde. Ganz echt.

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2 Comments

  • Reply
    guinness44
    18. Juli 2014 at 10:14

    Bei 11-Freunde bitte auch unbedingt die Einzelkritik der Spieler lesen. Besonders nach dem Halbfinale.

    Bzgl. Deiner Anmerkung des Autors bzw. der Autorin (wenn wir schon politisch korrekt sind). Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Die Niederländer hatten nichts zu feiern, haben nicht gefeiert und haben jetzt sehr viele unschuldige Opfer zu beklagen. Die Welt ist manchmal sehr ungerecht. Wir werden es nicht ändern können und entsprechend brauchen wir auch kein schlechtes Gewissen haben. Vielmehr sollte jeder versuchen die positive Energie zu nutzen, um im Kleinen zu helfen.

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    sufo2
    19. Juli 2014 at 15:19

    Es war ein Traum vom Samba-Märchen! Wie haben auch mitgefiebert. Die Mäuse trugen mit Stolz ihre Deutschland Trikots. Es gab so manche Diskussion mit der GroßenMaus ob sie Dieser oder jene Spiele mit schauen dürfe. Ich habe das legendäre 7:1 sog der Arbeit mit mmeinn Bewohnern gesehen (eine Oma ist über 100 Jahre alt und fieberte mehr als wir alle zusammen) . Das Finale könnte ich mir Freundenschauen, nachdem ich die Oma bekniet habe Auf die Mäuse zu achten. Ich hänge noch gefreut dich mitten im der Nacht im Fan-getümmel zu treffen! Es war einfach nur toll! Ja Wir sind WELTMEISTER! Und wir dürfen uns freuen! Sich Wenn die Welt nicht Szenen bleibt und vieles passiert, was man nicht gut heißt. Das ist aber politischen Ursprungs. Die WM dient u.a. der internationalen Gemeinschaft und Freundschaft auf Ebene eines Sportlichen fairen Wettkampfes.

    In diesem Sinne ein freudiges , sonniges Wochenende und in hoher Erwartung auf die Bundesliga ?

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