Über den Selbstoptimierungswahnsinn

optimierung

Am Montag (10.1.2016) lief auf ARD eine Dokumentation von und mit Anke Engelke. Hier ging es um’s perfekt-sein und wie es heutzutage der Trend sich ständig optimieren zu wollen. Ich fand die Sendung ganz interessant, eben auch weil die liebe Dani von Glucke und so derzeit eine Blogparade am laufen hat, in der es genau um dieses Thema geht „Bin ich perfekt“. Was ist denn eigentlich perfekt-sein? Also ich denke, dass „Pefekt“ etwas ohne Fehler oder Mäkel ist. Aber kann ein Mensch dann überhaupt perfekt sein? Jeder kennt doch den Spruch „nobody is perfect“ und meist wird er ja als Entschuldigung für einen Fehler benutzt. Gibt es überhaupt den einen perfekten Menschen? Und wenn nicht, warum streben wir trotzdem so sehr danach perfekt zu sein, wenn es doch eigentlich gar nicht möglich ist? Ist es, weil wir uns dann quasi aufgeben würden, Kompromisse bei uns selbst machen würden?

In der Doku ging Anke Engelke auf die Straße und frug Menschen ob sie mit sich zufrieden seien. Sie brachte zum Beispiel eine professionelle Bildbarbeiterin mit, die die Fotos der Menschen nach ihren Wünschen veränderte. Da wurden die Zähne weißer, die Hüften schlanker, die Oberarme definierter. Jeder hatte an sich etwas auszusetzen, keiner war wirklich mit sich zufrieden. Und das war nicht das einzige. Bei Gesprächen erfuhr Anke, dass die Menschen sich auch für zu schüchtern, zu nervös, zu ängstlich oder zu naiv hielten. Und das waren alles Dinge, die man nicht eben weg-retouchieren konnte. Doch warum gehen wir mit uns selber so hart ins Gericht? Haben wir utopische Anforderungen an uns selber? Sind wir also dazu verdammt ein unzufriedenes Leben mit uns selber zu führen?

„Nein“ sagt das Zukkermädchen ganz vehement und stellt sich aktiv gegen den Selbstoptimierungswahn. Sie sagt nämlich in ihrem kürzlich erschienenen Artikel „Giving a shit auf Selbstoptimierung“ dass „dieser ganze Online- Schwall an Selbstoptimierung und Selbstfindung, Selbstdarstellung und Glücksbringer Mantra’s nur ein Betrug an uns selbst ist“ und nimmt lieber ein etwas un-optimiertes ich in Kauf als sich dem Stress auszusetzen. Ihr klare Message: Mit dem zufrieden sein was jetzt gerade ist, was „normal“ ist. Nur so kann man Frieden finden und nicht, wenn man ständig dem vermeintlichen Glück, dem perfekten Leben, hinterher läuft.

Mit dem Jetzt zufrieden sein, das was ist sollte ausreichen. Geht das? Bleiben wir dann nicht stehen und entwickeln uns nicht weiter? Also ich kann zu jeder gegebenen Zeit an zwei Händen Dinge abzählen, die ich an mir und meinem Leben gern verändern würde. Aber das heißt doch nicht, dass ich totunglücklich mit dem bin, was ich bin und was ich habe. Es heißt nur, dass ich noch Ziele habe, für die es sich zu kämpfen lohnt, dass ich noch Träume habe, die ich gerne mal verwirklichen möchte. Ist es denn so schlimm an sich arbeiten zu wollen und zu denken „da geht noch was“? Rennt man da sogleich einen Utopia hinterher?

Ich denke, wie so oft, die Mischung macht’s. Natürlich sollte man mit sich und dem was man hat soweit zufrieden sein, dass man nicht totunglücklich darüber ist. Und zufrieden sein ist wirklich eine Kunst, die nicht jeder auf Anhieb beherrscht. Da uns die Konsum-Gesellschaft lehrt einfach nie zufrieden zu sein gibt es wohl immer etwas nach dem man sich verzehrt. Die Weltreise, der Fernseher, glatte Haut, you name it. Aber ein wenig Besinnung auf das was schon gut ist hilft da meistens um zu realisieren, dass man ja eigentlich schon ganz viel hat, wofür man dankbar sein kann. Aber man sollte nicht in Dankbarkeit ertrinken und nach so gar nichts mehr streben. „Stillstand ist der Tod“ sang einst Herbert Grönemeyer. Wir sollten einfach nie aufhören zu träumen und zu versuchen bessere Menschen sein zu können. Das hat auch nichts mit Unzufriedenheit zu tun, es hat damit zu tun, dass man weiß, dass man niemals perfekt ist. Aber das entschuldigt es nicht z.B. unfreundlich zu sein. Oder sich selber aufzugeben. Man kann auch mit dem wissen dass nichts und niemand perfekt ist weiterhin an sich arbeiten und seinen Träumen nachjagen. Und das sollte man auch tun. Seine Ziele zu erreichen oder sich Träume zu erfüllen kann einen enorm glücklich und stolz machen. Das ist ein gutes Stück Lebensqualität, welches nicht verloren gehen sollte, nur weil man sich erzählt, dass eh nix perfekt sein kann.

Warum nach etwas streben, was eh nicht in Erfüllung gehen kann? Weil der Weg das Ziel ist und wir auf diesem Weg viel über uns selbst, unsere Grenzen und Fähigkeiten, lernen können. Und das ist doch auch schonmal eine sehr gute Sache.

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2 Comments

  • Reply
    nordseekrabbeblog
    14. Januar 2016 at 10:20

    Ich habe in den vergangenen Jahren gelernt, dass man, wenn man zufrieden mit dem ist ,was man ist und was man hat, viel mehr Erfolg hat, als wenn man zu hohen Zielen hinterherrennt. Zufriedene Menschen haben eindeutig mehr Erfolg-in jeder Hinsicht!

  • Reply
    Glucke und So
    14. Januar 2016 at 10:37

    Was für ein toller Beitrag und Du hast so recht. Man strebt nicht eine, utopischen Bild nach, also ich nicht aber Dinge verändern zu wollen ist eben auch Eigenmotivation.
    Also irgendwie ist es dann ja nicht immer verkehrt perfekt sein zu wollen oder?
    Liebe Grüße
    Dani

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