Vom Zeit haben und Zeit nehmen

Heute mal ein Thema, welches mir schon lange im Köpfchen herumspukt und welches des öfteren einen großen Frust-Faktor in meinem Leben darstellt. Es geht um die liebe Zeit, die man hat, oder eben meistens eher nicht hat.

Ein ganz schlauer Satz lautet: „Wem etwas wirklich wichtig ist findet Wege, wem nicht, der findet Gründe.“ Eine der populärsten und alltäglichsten Gründe, warum etwas nicht geht scheint die liebe Zeit zu sein, die nicht vorhanden war. Ich selbst höre diese Ausrede oft, und benutze sie auch regelmäßig. Aber sollte es nicht eher heißen „das war bisher noch nicht wichtig genug“? Denn mal ehrlich: Die Zeit in der wir einfach mal so Zeit „übrig“ haben ist wirklich vorbei. Jeder von uns hat jeden Tag 24 Stunden und es ist unsere Wahl, wie wir diese Stunden nutzen.

So passiert es nunmal, dass wir Prioritäten setzen. Das ist ganz normal. Manche Dinge müssen sofort getan werden, manche wollen wir zeitnah erledigen, andere können und müssen warten. Wenn es zeitlich ein wenig enger wird und das Stress-Level steigt, dann wägen wir die Konsequenzen ab, die einem Aufschub folgen würden. Wer zeigt Verständnis, wenn man sich nicht direkt meldet? Was kann auch nächste Woche noch erledigt werden? Wofür muss ich mir jetzt was freischaufeln? Dann kommen noch spontane Dinge hinzu, mit denen man sich direkt befassen muss und, und, und.

Es ist schon nicht einfach, aber es ist vor allem eins: ganz normal. Warum ist es dann so schwierig für uns zu sagen „Sorry, das warst auf der Liste der Prioritäten nicht so ganz weit oben.“? Oder vielleicht ein wenig netter „Da waren unheimlich viele Dinge, die grad wichtiger waren.“? Warum schieben wir es immer auf die nicht da gewesene Zeit, obwohl wir alle wissen, dass Zeit eben nicht mehr einfach nur da ist? Und warum finden wir es so schlimm, wenn jemand sagt „das war mir grad nicht so wichtig“ aber nicht wenn jemand sagt „da hatte ich noch keine Zeit für“? Es bedeutet doch genau das selbe.

Wenn mir also etwas wichtig ist, dann finde ich einen Weg, eben ZEIT, dafür. Wenn es in der Prioritätenliste weiter unten steht, dann findet man Gründe, warum es grad nicht geht…und die findet man ganz einfach und quasi ohne große Suche, denn es gibt halt all die Dinge oben auf der Prioritäten Liste.

Problematisch wird es halt, wenn man die Dringlichkeit unterschätzt, die Konsequenzen falsch abschätzt oder wenn in einer zwischenmenschlichen Beziehung die Prioritäten nicht gleich gewichtet sind. Sprich, wenn eine Person die andere eher hoch auf die Prioritätenliste setzte während sie bei der anderen niedriger auf eben dieser Liste steht. Das ist schlecht in der Liebe, in einer Freundschaft, als Nachbarn, oder als Kollegen.

Denn was ganz versteckt passiert: Wenn jemand oder etwas bei einem auf der Prioritätenliste hoch klettert, dann erwartet man selbst doch mindestens genau so wichtig zu sein, oder dass andere es genau so wichtig finden. Oft ist das „Zeit nehmen“ und „freischaufeln“ nämlich auch mit Stress und Arbeit verbunden, und wenn man diese für jemanden/etwas aufbringt, dann erwartet man dies ja irgendwo auch vom anderen, allein um der Fairness willen. Und ein „Sorry, da hatte ich noch keine Zeit zu“ im Angesicht des Wartens auf etwas bedeutet dann, dass es dem Gegenüber eben einfach nicht so wichtig ist wie einem selber. Geht es hier um ein Projekt auf der Arbeit, dann kann das ganz schnell Frust bedeuten. Geht es hier um eine Beziehung oder Freundschaft, dann kann das auch ganz schnell mal weh tun und Enttäuschung bedeuten.

Leider aber ist es so, dass wir es so gewöhnt sind „ich hab keine Zeit“ zu sagen, dass es gar keine läppische Ausrede mehr ist, sondern wir wirklich davon überzeugt sind, dass wir einfach keine Zeit hatten. Wenn nun unser Gegenüber auf einmal mit einem „ich bin dir nicht wichtig“ reagiert, dann ist das meistens überraschend. Und dann wollen wir uns verteidigen, sagen dass das „absoluter Quatsch“ sei. Aber…ist es das? Wenn wir wirklich in uns hinein hören, dann hat aber doch dieses „keine Zeit“ genau dies ausgedrückt. Oder? (Vorsicht! „Es gab wichtigeres“ ist nicht gleich „es ist mir unwichtig“!!).

Vielleicht sollten wir unser Time Management überdenken, unsere Prioritäten, und aber auch wie wir damit umgehen. Ich plädiere hiermit für mehr Ehrlichkeit im Umgang mit diesen Prioritäten, gegenüber anderen und natürlich auch gegenüber sich selbst.

(PS: Das passt übrigens auch sehr gut zu dem Umgang mit unseren Kindern. Denn für die ist „ich hab grad keine Zeit!“ doch auch nur ein „Essen kochen/twittern/putzen/lesen/basteln/telefonieren ist grad wichtiger als dir zuzuhören/einen Streit zu schlichten/dich in den Arm zu nehmen/die deine Langeweile zu nehmen“. Was davon jetzt wirklich wichtig ist und was nicht, das ist uns allen individuell überlassen…Hauptsache diese Wahl geschieht bewusst.)

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4 Comments

  • Reply
    nandalya
    20. März 2014 at 12:34

    Yuki und ich haben ein recht gutes Zeitmanagement. Sprich, wir passen gegenseitig auf uns auf, um uns nicht zu verzetteln. Oder übernehmen häusliche Pflichten der anderen. Ich käme niemals auf die Idee keine Zeit für meine Elfe zu haben. Schon aus purer Angst vor einem Kissenwurf 😉

    Keine Zeit zu haben ist ein Satz, den ich auch bei Freunden ungern verwende. Für meine Freunde bin ich immer da. Natürlich kann ich die Welt schlecht retten, wenn eine Klausur ansteht. Da springt dann Wonderwoman ein. Die kann das Gerüchten zufolge auch recht gut.

    Keine Zeit haben, hat auch etwas mit Respekt vor anderen Menschen zu tun. Wenn ich kein Interesse (mehr) an diesen Menschen habe, so sollte ich mir das eingestehen. Viele wollen, oder können das nicht. Und das ist schade.

    • Reply
      perlenmama
      26. März 2014 at 10:39

      Genau, das ist der springende Punkt: Der Respekt!! Und das Eingeständnis darüber, was „ich hab keine Zeit“ wirklich bedeutet.

  • Reply
    guinness44
    20. März 2014 at 18:38

    Wenn man will, dann findet man die Zeit. Wenn es wirklich nicht geht, dann merken es die anderen auch. Wenn sie es nicht merken, dann sind sie zu selbstbezogen bzw. in einer anderen Lebensphase. Es ist ein riesiger Unterschied, ob man ein Leben mit Kind kennt oder nicht. Das gleiche gilt auch für schwere Krankheit, pflegebedürftige Eltern, etc.

    • Reply
      perlenmama
      26. März 2014 at 10:37

      Ja, da hast du Recht. Das setzt aber auch vorraus, dass eben diese „Dinge“ (Kind, Elter, Krankheit) eben dieses Vorrecht geniessen…

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